Buntes orientalisches Treiben in den Souks und am Djemaa el Fna
Marrakesch ist eine krasse, kontrastreiche Stadtperle der orientalischen Kultur. Hier ticken die Uhren anders und ganz sicher nicht langsamer. Schon bei der Einfahrt in die Medina erhält man einen spektakulären Blick auf die imposante Stadtmauer - die im rötlich schimmernden Look, bestehend aus gestampftem Lehm, seit vielen Jahrhunderten deren Besucher in ihren Bann zieht.
Geht man durch einen der unzähligen Torbögen zur Altstadt hindurch, eröffnet sich einem eine völlig neue Welt. Im bunten Treiben der Gassen, wo zu Beginn das Auge und die Gedanken nicht zur Ruhe kommen wollen, verbergen sich hinter jeder Ecke neue Eindrücke und Düfte. Hier kannst Du den Menschen bei derer traditionellen Warenherstellung über die Schulter schauen und abtauchen in eine Zeit, da noch wenig Technologien unser Leben beeinflussten. Mich faszinierten die Schuhmacher, Metallbauer und Tischler, wie sie ihre Hände bewegten und geschickt die Werkstücke bearbeiteten. Vieles war regelrechte Handwerkskunst, die heute seinesgleichen sucht. Farbenfrohes, Verschnörkeltes, Silberlampen, Schals, Kleidung, Düfte, Gewürze, Gebackenes, Fruchtsäfte, Tajines und und und .... werden in allen Ecken, auf kleinem Raum in jenen Shops der Medina angeboten.
Nachdem wir ein bissel in den Strassen flanierten und scheinbar orientierungslos für den ein oder anderen Marokkaner wirkten, wurden wir von einem jungen Mann angesprochen, der uns den Weg zum berühmten Berbermarkt zeigen wollte. Anfangs war ich skeptisch, da wir eigentlich für uns alleine Laufen wollten. Jedoch versicherte er mir "Its free - No Money - No Problemo". Also siegte meine Neugier und wir zogen gemeinsam los. An der Ledergerberei angekommen, wurden wir freundlich verabschiedet und in die Hände eines neuen Freundes, mit Namen "Hali", übergeben.
Dieser kam schon mit einem breiten Lächeln und frischer Minze in der Hand auf uns zu. Er freute sich sichtlich, uns seinen Platz der Ledergerberei zeigen zu dürfen. Die Minze benutzten wir, um unsere Nasen mit wohltuenden Gerüchen an diesem Ort umfliegen zu lassen. Denn eins ist klar, Ledergerben ist sau anstrengende Arbeit - im stinkendem Umfeld. Uiuiuiui.... hier werden in den einzelnen Becken die Häute der Rinder gegerbt, gefärbt, gewaschen und für die Weiterverarbeitung vorbereitet.
Also gut, was soll ich sagen: "Hali" danke für deine tollen Erklärungen über das Gerben, das du uns einen Einblick in eure Arbeit gewährt hast und uns in deine Shops brachtest.
Bitte aber auch, für unser Taschengeld, was du uns über ne grimmige Mimik, Drohungen, Wegsperrungen und lauten Worten zum Abschied unseres Besuches entlocktest.
Traurig! Aber irgendwo - auch wenn es mir schwer fällt - kann ich es verstehen, denn auch deine Familie und die der Anderen wollen versorgt sein. Deswegen machst Du halt Stress, wenn Touristen (wo du scheinbar denkst das alle Millionäre sind) nix kaufen. Ja es ist mir klar, dass das Leben in Afrika um einiges schwieriger und härter ist, als in anderen Teilen der Welt. Dabei ist dies mein tröstlicher Gedanke hinsichtlich unserer Begegnung. Sei es drum, es ist gut von seinen Überfluss abzugeben, auch wenn ich mir kurz dabei auf die Lippen beiße und den Gedanken spinne, wenn es nur nicht auf so eine Art und Weise wäre.
Verstimmt, mit kurzzeitig hängendem Kopf und der Enttäuschung über ein verletzendes Zusammentreffen zogen wir weiter.
Die Strassen sind überfüllt, die Mopeds heulen auf und deren Fahrer bahnen sich ihren Weg. Sie sind wahre Akrobaten der Gleichgewichtskunst, wenn man sieht, wie diese durch engste Schlupflöcher in den Menschenmassen brausen. Hola die Waldfee.... Aber nicht nur Mopeds schlängeln sich durch, nein, auch Fahrräder, Taxis, Eselkutschen, Handwagen und Tiere.
Hier in den verwinkelten Strassen, wo sich das Leben abspielt, liegt der Handel, die Freude, die Traurigkeit, die Armut und der Reichtum nah beieinander. Definitiv, hier ist was los und die Eindrücke bzw. das konzentrierte Bewegen durch den Trubel, beschleunigten das Verlangen nach Zuckeraufnahme. :-)
Auf der Suche nach einer Cola und der Richtung zur Sehenswürdigkeit, kreuzte aus heiterem Himmel noch einmal "Hali" auf und fragte, als wäre nie etwas gewesen: "Wohin wollt ihr? Kann ich Euch helfen?" "Wir suchen den Weg zum Bahai-Palast"
Nun außerhalb der böse dreinschauenden Gang vom Gerberhof, sprachen wir über die vorhin stattgefundene Situation und deren schlechten Tricks. Er schmunzelte, seine Augen änderten sich ins liebevolle hinein, als wüsste er nur zu gut was ich meine. Mit ausgetreckter Hand, die zum Bahai-Palast zeigte, wünschte er uns dann einen schönen Tag.
Irgendwie hat mir diese Begegnung nochmals gut getan. Sie war von einer anderen Atmosphäre geprägt und ich hatte das Gefühl, das es auch "Hali" wichtig war, sich nicht im gegenseitigen Zustand des Gräuels zurück zu lassen. Nun schmunzelt man über das, was jeder will und trotzdem jeder weiß, dass die schönsten Dinge im Leben eben nicht die sind, die man für Geld bekommt. :-) Lächeln
Sicherlich ist die Medina einer jener Orte, die man obachtsvoll hinsichtlich der kleinen und großen Tricksereien durchlaufen sollte. In den meisten Fällen hilft ein freundliches "Shukran" / "No Merci" und die Bewohner verstehen dein Sinnen nach Ruhe. Darum mein Tipp: Lass dich nicht "Abschleppen" in irgendwelche Gegenden bzw. dir den Hotelweg zeigen, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, bei "Zahlemann und Söhne" angekommen zu sein. :-)
Und nun los geht`s...Auf zum Bahai-Palast! Nach kurzer Strecke schauten wir uns verwirrt um und es stellte sich erneut die Frage: "Weißt Du eigentlich noch wo es lang ging?" Die Medina kam uns vor wie ein riesiges Labyrinth, wo man sich Mühen konnte wie man wollte, denn irgendwann herrschte doch Gassenplanlosigkeit :-).
Jedoch dank der coolen App von Osmand, konnten wir uns über GPS gut durchnavigieren. Zur App
Nach einigen weiteren Schritten, erreichten wir nun endlich die Treppen des prächtigen Palastes. 1867 wurde hier damit angefangen ein riesiges Gebäude mit 160 Zimmern auf 8000 qm2 zu erschaffen. In dessen Gemäuern trifft man auf einen unvergleichlichen andalusischen und maurischen Baustil. Die Anzahl der viel verzweigten Räume, macht auch hier eine konstruktive Orientierung unmöglich. Die Räume sind heute weitestgehend leer, jedoch kann man erahnen, welch prunkvolles Leben die Bewohner hatten. Fast in jedem Zimmer sind Fayencen, kunstvolle Fliesen aus Marmor, farbenfrohe Mosaike und Arabesken aus Stuck zu sehen. Die Decken wurden im maurischen Stil aus Zedernholz geschnitzt und in mühsamer Kleinarbeit verziert. Die Innenhöfe mit ihren üppigen Bepflanzungen stellen eine Oase zum Durchatmen vom "Großstadtdschungel" dar. Ganz sicher ist der Bahia-Palast einer der schönsten Paläste in ganz Marokko und verdient das Prädikat - Sehenswert.
Exkurs: Juden in Marrakesch
Nach so viel orientalischem Flair im Bahia-Palast, kommen wir zu unserer Überraschung ins jüdische Viertel von Marrakesch - Mellah. Heuzutage befinden sich hier nur noch 170 marokkanische Juden, von denen viele mehr als 70 Jahre alt sind. Früher war es das größte jüdische Wohnghetto in ganz Marokko. Doch jetzt scheint es zu den ärmsten Gegenden der Medina zu gehören, wo nicht mehr viel vom jüdischen Kulturgut vorhanden ist. Einige Gebäude weißen beim genaueren Hinschauen den Davidstern auf oder man ließt einen hebräischen Ladenname. Ansonsten sind die Bauten ehr Ruinen und größtenteils Einsturzgefährdet. Nur noch wenig erzählt die Geschichte der Juden, die sich im 15. Jahrhundert vom spanischen Festland aus hier niedersiedelten. Nur durch Hörensagen weiß man, dass damals die Juden sich sehr strengen Regeln unterworfen bzw. Steuerabgaben zahlten, so das sie ihren Glauben ausleben durften. Heute gibt es eine aktive Synagoge und einen Friedhof mit tausenden von jüdischen Gräbern.
Von Mellah aus durchstreiften wir einen der vielen Gewürzmärkte und erblickten die "Koutoubia". Jene wurde in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut und ist damit eine der ältesten Moscheen Marokkos.
Die Zeit verging wie im Fluge und der Tag neigt sich dem Ende zu. Doch wir nährten uns einem weiteren Highlight der Stadt. Schluss mit der noch nie dagewesen Ruhe :-) - Herzlich Willkommen am Djamaa el Fna - "Platz der Geköpften", was für ein sympathischer Name.
Schlangenbeschwörer, Gaukler, Händler, Schneckenköche, Fruchtsaftzubereiter, Zähnezieher, Hennamalerinnnen, Affendompteure, Tänzer und Geschichtenerzähler - alle verbringen hier Tag für Tag ihre Stunden und versuchen das ein oder andere Geschäfte zu machen. Gespannt, neugierig und verblüfft schauten Tausende, gemixt von Marokkaner und Touristen aus aller Welt, den Schaustücken zu.
Schnell bilden sich Kreise um die Schlangenmenschen, den Boxkämpfern und den Geschichtenerzählern und Schwupps die Wupps, wie in meinen Fall geschehen, hat man schon ne Kobra um den Hals hängen. :-) Nervös dreinblickend, entfernt sich nun auch noch das "Kobraherrchen", um ein Foto von mir mit diesem Tierchen zu knipsen. "Oh man geh nicht zu weit weg", sprach ich zu mir und stand da halt so da. Nachdem ich freiwillig bezahlte, nahm das Treiben schnell ein Ende, wo die Schlange, der Beschwörer, wie auch ich sichtlich froh waren weiterzukommen.
Scheinbar noch irritiert und um das Maß an ekligen Dingen zu vollenden bzw. dem flauen Magen zu beruhigen, gönnten wir uns zum Abendbrot lecker gekochte Schnecken. Kein Witz - diese waren ein Gaumenschmaus und sollten unbedingt auf dem Markt probiert werden. Nebenher wurden uns beim Schnabulieren immer wieder glänzende Rolex-Uhren und Gucci-Sonnenbrillen angeboten. Auch Kinder versuchen hier den einen oder anderen Dirham umzusetzen, in dem sie Taschentücher oder Süßes verkauften. Von den vielen Eindrücken umgebend, führte uns der Weg von dem einen Ende des Platzes direkt in die Souks hinein.
Das Lächeln meiner Freundin wurde nun größer, was sicherlich damit zu tun hatte, das wir einige Meter zwischen uns und die Schlangen brachten und nun durch die buten Souks mit unzähligen Verkaufsständen flanierten. Shoppingzeit !!!!
Das Baszargebiet der Souks misst 20 Hektar und ist voll mit allerlei "Handemade" wie Ledertaschen, Kerzenständern, Schmuck, Schals, Tassen, Souvenirs, Gewürzen und Speisen. Hier wird bei jeder noch so kleinen Ware gehandelt, gefeilscht und mit dem Kopf geschüttelt. :-) Die Gassen sind noch enger wie die der Medina, wo sich nun der Duft von Urin, Dung und Gewürzen mischt.
In den Shops arbeiten Baszarmänner, die ungleich gute Menschenkenner sind und schnell erahnen, welche Sache in ihren Regalen Dein Interesse weckt. Dabei ist es beim späteren Feilschen nicht unwichtig, das der Händler lieber nicht Deine Begeisterung für seine Dinge erkennt. Andererweise laden die Verkäufer gerne zum Tee ein und bieten feinste Nüsse an. Ein jeder weiß was er hier zu tun hat, um das ein Geschäft zustande kommt. Der Eine stellt sich auf uninteressiert, der Andere spielt mit dem Gewissen seiner Kunden, wenn dieser isst & trinkt - aber nix kauft. Jeder ist ein Könner seines Faches . :-)
Nach ein paar Abbiegungen finden wir uns wieder am Djamaa el Fna ein und "verdrücken" erstmal eine Tajine Legume Poulet. Denn das Abendbrot der Schnecken hatte nicht ausgereicht um den Magen gänzlich zu füllen. Am frühen Abend braten hier unzählige Köche an ihren Ständen Fleischgerichte auf deren Holzkohlegrills, wobei leckere Düfte und große Rauchschwaden wehen.
Schlussendlich fallen wir nun ins Bett unseres Riads, wo der sehnlichst erwartete Schlaf noch weit entfernt lag, da das Kreischen, Sprechen und Musizieren in den Altstadtgassen bis tief in die Nacht hinein durch unser Fenster klang.
Hollala - 5:30 zeigt der Wecker an und der Muezzin beschallt die ganze Stadt und läutete nun den Sonnenaufgang und somit den Tagesanbruch ein. Auch die Hühner krähen auf, nur ich lagerte meinen Kopf erneut um und genoss gegen 10 Uhr mein Frühstück :-).
Auf unserem heutigen Plan stand ein Spaziergang zum Garten "Jardin Majorelle". Zuvor durchquerten wir die Neustadt - Gueliz und bekamen einen kleinen Eindruck vom neuen Marrakesch, deren Shops und den internationalen Einflüssen.
Jardin Majorelle ist ein wunderschöner botanischer Garten, welcher zwar touristisch sehr Überlaufen ist, aber trotz allem eine Oase der Ruhe zur Medina darstellt. Hier finden sich schön bepflanzte Pfade, ein Berbermuseum, ein Kunstraum zu Ehren von Yves Saint Laurent und ein Cafe zum entpannen wieder. Das Ambiente des Anwesen ist sehr geschmackvoll und künstlerisch gestaltet.
Nach ruhigen gemütlichen Stunden, zog es uns wieder in die Medina, wo wir zum Abschluss unserer Marrakeschtage nocheinmal bei Pfefferminztee und Couscous dem verrückten Schauspiel auf dem lebendigsten Platz Nordafrikas - dem Djamaa el Fna - zuschauten.
Christlicher Exkurs:
Marokko ist ein muslimisches Land in dem es bis heute verboten ist, christliches Gedankengut zu verbreiten. Kleine Hauskirchen werden selten, jedoch zähneknirschend und stilschweigend geduldte, wenn sie andere Menschen nicht mit dem Christentum konfrontieren. Das heisst, öffentlich darf keiner seinen Glauben bekunden. Es gibt wenige, kleine Gemeinden im Land, deren Adressen zu ihrem Schutz aber nicht veröffentlicht werden.
Gottes Segen für Marrakesch!
Und nun unsere letzten Tipps:
Einen authentischen Markt, wo selbst die Einheimischen einkaufen, findest Du am Bab Ailen
Unbedingt sollte man mal eine Nacht inmitten der Medina verbringen und dieses Riad ist dabei unser Geheimtipp !
Einen frisch gepressten Fruchtsäfte, Avocadosaft oder Pfefferminztee trinken
Essen: Tajine, Schnecken, Couscous. Empfehlung zum Frühstück- einen Sfenj ( ist ein marrokanischer Donut )
Bring viel Humor mit.
Mit dem Petit Taxi kommst Du für 70-100 Dirham vom Flughafen in die Medina.
Wenig Touristen findest Du im Souk von El Khemis im Norden der Medina
Besuche einen Hammam - traditionelles Bad (auch in vielen Hotels vorhanden)
Beste Reisezeit für Marrakesch ist von Februar bis Ende Mai und dann wieder vom September bis Ende November.
Kein Witz von Weihnachten bis zu Ostern kannst Du in Oukaime Skifahre. Die Station liegt 75 km ausserhalb von Marrakesch